Family Plot (Oder: Huch, der Bischof!)

Jahr: 1976
Deutscher Titel: Familiengrab
Regie: Alfred Hitchcock
Laufzeit: 121 Minuten
Budget: 3 Mio. $

Der Inhalt kurz und knapp:

Leichtgläubige Menschen mit esoterischem Unsinn um ihr Geld zu bringen, kann entgegen weitläufiger Meinung ein ganz schön hartes Geschäft sein. Blanch Tyler als selbsternanntes, aber völlig untalentiertes Medium zum Totenreich, kann hiervon ein Lied singen. Zusammen mit ihrem Freund George kann sie sich nur mühsam über Wasser halten, bis den beiden plötzlich ein höchst lukratives Angebot ins Haus schwebt. Eine ältere Dame und Kundin von Blanche sucht ihren Neffen, der kurz nach seiner Geburt zur Adoption freigegeben wurde. Für den Neffen winkt ein beachtliches Erbe und für Blanche und George ein großzügiges Honorar von 10.000 Dollar (Hinweis hierbei: der Film entstand 1976. 10.000 Dollar… ).

Zeitgleich sind Arthur Adamson und seine Freundin Fran als Verbrecherpärchen im Einsatz. Die beiden entführen wohlbetuchte Mitbürger, sperren diese bei gutem Wein und Essen in ihrem Keller ein und lassen diese nach einem Tausch gegen wertvolle Diamanten unversehrt wieder frei. Wie der Zufall es will, treffen die vier Protagonisten aufeinander und dank einer „Kommunikationspanne“ läuft einiges völlig verquer.

Die Meinung:

Manchmal kommt es anders, und meistens, als man denkt. Tatsächlich wollte ich ursprünglich als ersten Artikel einen Alfred Hitchcock im CinemaScope verbloggen – so als Starter, mit Stil eben. Am Ende, bzw. Anfang, kam dann allerdings alles anders. Doch wurscht, here we go. Beginnen möchte ich mit Afred Hitchcokcs 54. und auch letztem Film – „Family Plot“, im deutschen unter dem etwas schlichten Titel „Familengrab“ bekannt. Um es direkt vorwegzunehmen, „Family Plot“ ist nicht der beste Film von Hitchcock und auch zurecht einer der Unbekannteren. Dennoch bemerkenswert, dass Hitchcock den Film 1976 drehte, im Alter von 77 Jahren und lediglich 4 Jahre vor seinem Tod 1980. (In diesem Zusammenhang fällt übrigens auch die zeitliche Trennung in meinem Blog) Wie steht es also um das letzte Werk des Altmeisters?

Um ganz ehrlich zu sein: Der Beginn des Filmes ist grauenhaft. So grauenhaft, dass ich beinahe dem Film ein vorzeitiges Ende beschert hätte. Die ersten rund zwanzig Minuten sind nur schwer zu ertragen und stecken voller Peinlichkeiten. Doch kurz zurück auf die Metaebene: „Family Plot“ gehört nicht in die Reihe des klassischen Suspense. Im Vergleich ist die Geschichte eine eher leicht-lockere und größtenteils recht humorvolle. Hier lauert jedoch direkt zu Beginn auch der größte Pferdefuß. Der Humor ist keiner der angenehmeren Art, sondern stellenweise einer der völlig albernen. Das beste Beispiel ist hier die Anfangsszene, in der das „Medium“ Blanch Tyler, einer älteren Dame ihr übliches, übersinnliches Schauspiel zum Besten gibt und vortäuscht Kontakt mit dem Jenseits zu besitzen. Dem Zuschauer soll währenddessen dargelegt werden, dass es sich um einen Hoax handelt. Kein Problem, würde das nicht mit derart übertriebenen Mitteln geschehen, dass ich nur kopfschüttelnd vor dem Fernseher saß und am liebsten den großen roten Knopf bedient hätte. Im späteren Verlauf gipfelt diese Albernheit in einer, dank gekappter Bremsschläuche, rasanten Serpentinenabfahrt – sometimes there’s not enough face to palm. Der Grund für diese Ausrutscher dürfte die erstmalige Freiheit der Schauspieler in einem Hitchcock sein vom Drehbuch abzuweichen und komplette Szenen zu improvisieren. So gut sich diese Idee auch anhört, hier hätte man lieber auf ein sichereres Pferd setzen sollen.

Nachdem ich mich durch den ersten Akt mit Müh und Not durchgekämpfte hatte, wurde ich dann jedoch durch einen zunehmend besser in Fahrt kommenden Film entschädigt. Hierbei erzählt Hitchcock in Perfektion die zunächst zwei völlig autarken Handlungsstränge und verwebt diese so geschickt, als hätte es von vornherein nur einen einzigen gegeben. Besonders schön gelungen ist, dass der Zuschauer den Protagonisten gegenüber einen Informationsvorsprung besitzt, während sich die Geschichte aufgrund eines großen Missverständnisses immer weiter aufschaukelt. Diese Entwicklung zu verfolgen macht großartigen Spaß, bis schließlich das erwartete geniale Finale samt Auflösung ins Haus steht. In den letzten rund fünfzehn Minuten kommt sogar so etwas wie Spannung auf, wobei bereits im Vorfeld klar ist, dass es weder um Leib, noch um Leben geht.

Was lässt sich also abschließend über „Family Plot“ sagen? Wie bereits vorweggenommen ist der Film kein Meisterwerk. Nach einem quälenden Start, schafft es Hitchcock dann allerdings doch noch ein rundes Ende zu kreieren. Allumfassend bleibt jedoch zu sagen, dass „Family Plot“ nicht das standesgemäße Finale einer der größten Filmlegenden ist. Tatsächlich hatte Hitchcock nach den Dreharbeiten neuen Schwung bekommen und wollte ein weiteres Projekt angehen, was letztlich nicht mehr realisiert werden konnte. Doch lässt sich dieser Schnitzer wahrlich verzeihen, hat Sir Alfred doch genug andere Meisterwerke hinterlassen, die über jeden Zweifel erhaben sind. „Family Plot“ ist es leider nicht.

Das Fazit (für Lesefaule):

Schade, schade… Hitchcocks letzter Film ist sicherlich kein großer Wurf geworden. „Family Plot“ kommt im Gegensatz zu seinen direkten Vorgängern verspielt munter daher, wirkt aber (zumindest aus heutiger Sicht) an vielen Stellen unglaublich albern. Nach einem ganz fürchterlichen Fehlstart, kommt der Film ab dem zweiten Drittel wesentlich besser in Fahrt. Zum Ende hin kommt dann noch tatsächlich so etwas wie Spannung auf, lässt einen jedoch zu keinem Zeitpunkt wirklichen unruhig im Sessel hin- und her rutschen. Dennoch offenbart sich die klare Federführung des Altmeisters und ließ bei mir, trotz aller Unzulänglichkeiten, ein versöhnliches Gefühl zurück.

Wertung:

5 vorgetäuschte Séancen mit dem Jenseits – eine gut gemeinte (und vermutlich auch überbewertete) 5,0.

5-0

Trailer:

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