Only God Forgives (Oder: Akupunktur einmal anders)

Jahr: 2013
Deutscher Titel: Only God Forgives
Regie: Nicolas Winding Refn
Laufzeit: 90 Minuten
Budget: 4,8 Mio. $
Cannes: Nominierung für die Goldene Palme

Der Inhalt kurz und knapp:

Der im offiziellen Leben als Boxclubbesitzer und im inoffiziellen als Drogenschmuggler tätige Julian (Ryan Gosling), lebt sein Leben im tailändischen Bangkok. Das Geschäft läuft gut, die Polizei lässt sich gerne und häufig schmieren. Als dann sein Bruder Billy sich an einer Minderjährigen vergeht und diese tötet, bricht jedoch auf einmal das Chaos los. Nachdem Billy als Vergeltung ermordet wird, stiftet seine rachlustige Mutter Crystal zunächst ihren zweiten Sohn an den Mord zu sühnen. Als sich Julian jedoch weigert, engagiert das Familienoberhaupt einen Trupp zwielichtiger Auftragskiller, die zunächst den Mörder ihres Sohnes zur Strecke bringen sollen und im Anschluss den Polizeibeamten, der den Racheakt an Billy zuließ. Da dieser auch kein Kind von Traurigkeit ist, startet nun eine Spirale der Gewalt, die zu Beenden es nicht mehr möglich scheint.

Die Meinung:

Uiuiui. Nicolas Winding Refn und Ryan Gosling drehen gemeinsam einen Film. Für mich ist der zwei Jahre zuvor entstandene „Drive“, maßgeblich getragen durch die beiden zuvor genannten Beteiligten, immer noch einer der besten Filme der letzten Jahre. Eine packende Geschichte, eingehüllt in angenehm getragene Bilder. Ein extrem präsenter Ryan Gosling. Ein toller Soundtrack, der die gesamte Geschichte wunderbar untermalte. Nun also „Only God Forgives“, ein Film der wie „Drive“ sich ebenfalls mit dem Thema Rache und dessen Auswirkungen beschäftigt.

Direkt ab der ersten Minute macht Regisseur Refn klar, was seine Herangehensweise an den Film ist. Die Stimmung, die Emotionen der Charaktere, ja sogar die eigentliche Handlung des Films soll über die gewählte Bildsprache dem Zuschauer zukommen. Dazu gehört eine drastische Reduzierung der Dialogzeilen auf gefühlte 2 DIN-A4 Seiten, die Reduzierung an schauspielerischer Ausdrucksstärke und schließlich der Verzicht an jedweder inhaltlichen Botschaft. Auf der einen Seite zieht der Film aufgrund dieser Wahl seine wesentliche Stärke, die Bildgewalt. Refn inszeniert jede Aufnahme bis ins Kleinste. So lässt er teils beinahe absurd lange den Kamerablick auf Szenen liegen, ohne dass sich vor der Kamera etwas bewegt. Die Schauspieler und Szenen präsentieren sich reglos, beinahe wie barocke Stillleben. Was auf den ersten Blick langweilig erscheint, schaffte es dann doch, eine besondere Atmosphäre um mich aufzubauen. Schade ist allerdings, dass der von mir sehr geschätzte Cliff Martinez, der bereits die Musik zu „Drive“ schuf, hier nicht so recht zum Zuge kommt. Die Tracks sind zwar wieder angenehm getragen und stimmungsvoll, gehen aber durch die geringe Bilddynamik völlig unter.

Auf der anderen Seite bewirkt diese Herangehensweise von Refn aber auch klare Probleme. Zwar schafft es der Film das Thema Rache trefflich zu beschreiben – mit dem Beginn einer Gewaltspirale, die nicht mehr verlassen werden kann, bis schließlich sämtliche Beteiligten das Zeitliche gesegnet haben. Oder eben bis jemand die Spirale durch Vergebung beendet, was aber bereits dem Titel nach kein menschliches Wesen in der Lage ist. Problematisch wird jedoch mit zunehmender Dauer des Films, bei gleichzeitiger Sprach- und Ausdrucksunfähigkeit der Charaktere, dass die eigentliche Handlung völlig untergeht. Das kommt zum einem durch die gnadenlos stringente Entwicklung des Films, so dass man ab der Hälfte des Films eh weiß, wie das alles nur enden kann. Zum anderen erwirkten die Charaktere überhaupt keine Anteilnahme bei mir. Wo der namenslose Driver aus „Drive“, trotz seiner Unterkühltheit, bei mir tiefste Sympathien auslöste, geht mir das Schicksal von Julian völlig am Arsch vorbei. Und das liegt einfach daran, dass Ryan Gosling als Hauptcharakter völlig teilnahmslos an der Geschichte partizipiert. So geht’s dann ja doch nicht Herr Refn.

Abschließend kann ich nur sagen, dass „Only God Forgives“ leider kein zweites „Drive“ geworden ist, obwohl die Abstammung der beiden Filme unverkennbar ist. Doch was bei „Drive“ noch funktionierte, ein minimalistischer Ryan Gosling in einer Mischung aus Drama, Rache und Thriller, erstickt hier gerade zu an der Reduzierung auf die optischen Anteile. So bleibt zwar ein durchaus interessanter Kunstfilm, dessen Handlung am Ende nur ein Mittel zur Einbindung von Brutalität scheint. Schade, schade.

Das Fazit (für Lesefaule):

Puh. „Only God Forgives“ ist kein Wohlfühlkino. Der Film bietet harte und verstörende Bilder und ist in vielen Szenen nur schwer anzuschauen. Dennoch erzeugen die dargestellten Bilder eine ungewöhnliche Atmosphäre und ein seltenes Filmerlebnis. Das eigentliche Problem an „Only God Forgives“ sind seine inhaltsleeren Figuren. Wie eine seelenlose Puppe stapft Ryan Gosling durch den Film, ist nur teilnahmslos an der Handlung beteiligt und bietet so auch keine Fläche zur Identifizierung für den Zuschauer. Die Figur des Julians tut einem nicht leid, man hasst sie aber auch nicht. Seine Handlungsweise ist schlicht nicht nachzuvollziehen. Vielleicht wollte Nicolas Winding Refn eine stumme Geschichte erzählen und dafür seine Bildkompositionen sprechen lassen – insofern wäre es verständlich, dass er auf eine detaillierte Zeichnung der handelnden Akteure bewusst verzichtete. Doch so sehr mich die eindringliche Bildsprache des Dänen fasziniert, umso mehr fehlte mir im zunehmenden Filmverlauf ein Bezug zu der vor mir ablaufenden Handlung. So kann ich schlussendlich „Only God Forgives“ als einen interessanten Kunstfilm bezeichnen, der mich als Zuschauer jedoch in mancherlei Hinsicht unbefriedigt zurückließ.

Wertung:

5 abgetrennte Unterarme, 3 eingeschlagene Schädel und ein ausgestochenes Auge – eine 4,5 auf der nach oben offenen Gewaltskala

4-5

Trailer:

2 Kommentare

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