Soylent Green (Oder: Du bist, was du isst)

Jahr: 1973
Deutscher Titel: …Jahr 2022… die überleben wollen
Regie: Richard Fleischer
Laufzeit: 97 Minuten
Budget: unbekannt

Der Inhalt kurz und knapp:

Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt! Doch was tun, wenn der Tisch leer bleibt? Dieses Problem haben die Menschen 2022 in New York City, das geplagt ist von Überbevölkerung, Mangelversorgung und moralischen Defiziten. Der Großteil der Bevölkerung haust unter unwürdigsten Bedingungen vor sich dahin, während es sich eine dünne Oberschicht in teuren Appartements mit allerlei Komfort gemütlich gemacht hat.

Doch schützt aller Reichtum, auch in der fernen (heute eher näheren) Zukunft, nicht vor dem Tode, vor allem nicht wenn dieser mit einem stumpfen Gegenstand beschleunigt daherkommt. Diese bittere Pille der Erkenntnis muss auch der wohlhabende William R. Simonson schlucken und endet ermordet in seinem angesammelten Luxus. Detective Thorn erhält die Aufgabe den Mord an dem ehemaligen Manager der Soylent Corporation aufzudecken, eine weltweit agierende Firma, die mit ihren Produkten die hungernde Bevölkerung notdürftig ernährt. Nach und nach kann Thorn (Charlton Heston) die Verknüpfungen aufdecken, die zu dem Mord an Simonson führten, bis sich ihm schließlich die grausame Wahrheit hinter dem neusten Produkt der Soylent Corporation offenbart – dem Soylent Green.

Die Meinung:

Achtung, Achtung. Jetzt kommt ein Spoiler. Soylent Green is people! Nun, nach nunmehr vier Jahrzehnten im Umlauf und zahllosen Anspielungen auf diesen Klassiker, dürfte diese Erkenntnis niemanden mehr vom Schemel reißen. Doch obwohl dieses Filmzitat den allermeisten bekannt sein dürfte, erscheint es mir so, als habe kaum jemand den Film tatsächlich gesehen. So ähnlich erging es mir ebenfalls, ein nahezu unhaltbarer Zustand, den es endlich zu korrigieren galt.

Wie macht sich der Film also? Nun, um dem Film einigermaßen gerecht zu werden, muss man hier zwei Ebenen auseinanderhalten. Auf der einen steht die übergreifende Rahmenhandlung. Hier ist der Film gnadenlos und zeichnet eine dunkle Dystopie einer Zivilisation, deren Untergang nicht mehr aufzuhalten scheint und nur noch eine Frage der Zeit ist. Zusammen mit der eingetretenen ökologischen Katastrophe, bedingt durch die enorme Überbevölkerung, beginnt auch der moralische Unterbau der Gesellschaft an sämtlichen Ecken und Enden zu zerbröckeln. Frauen werden zur Belustigung als Eigentum gehalten, hungernde Demonstranten durch Bulldozer weggeschaufelt, Menschen verenden auf offener Straße, ohne dass sich jemand darum schert. Diese thematischen Knüppel kommen in einer so raschen Folge, dass für mich die große Auflösung in einer absurden Weise geradezu logisch und konsequent erschien. Alte Menschen lassen sich euthanasieren (ein übrigens abartiger Euphemismus) und werden anschließend zu Nahrung verarbeitet. Hier stellt sich unweigerlich die Frage, ob es diese Zivilisation überhaupt noch Wert ist krampfhaft am Leben gehalten zu werden oder ob ein Ende mit Schrecken nicht sinniger erscheint, als ein Schrecken ohne Ende. Diese tiefgreifend moralische Frage, ist sicherlich der größte Wurf dieser Geschichte.

Auf der zweiten Ebene steht die eigentliche Handlung, rund um Detective Thorn und dessen Fall des ermordeten Soylent-Funktionärs. Diese ist leider alles andere als originell. Das Motiv des Polizisten, der zu tief gräbt und anschließend auf der Abschussliste steht ist leider so alt wie ein labbriges Plätzchen Soylent Green und wurde in anderen Filmen wesentlich besser inszeniert. Stellenweise läuft die Handlung auch komplett ins Leere, wie beispielsweise die kurzweilige Romanze mit der Konkubine Shirl, deren Schicksal zum Ende des Filmes so unklar bleibt, wie die konkreten Hintermänner und deren Motive der Soylent-Verschwörung.

Optisch kann der Film mit einigen sehr passigen Darstellungen der Zukunftswelt aufwarten. Besonders die Szenen der völlig überfüllten Straßen und die Lebensbedingungen der Menschen, schlafend in Autowracks oder auf Treppenstufen überzeugen. Stellenweise lassen die Effekte aus der Sicht des Jahres 2013 doch sehr zu wünschen übrig, worüber ich jedoch problemlos hinwegsehen konnte. Einzig enttäuschend empfand ich die Darstellung des Finales in der Soylent Green-Fabrik. Diese ist mit einfachsten Mittel produziert worden und besitzt leider nicht die optische Eindringlichkeit, die sie verdient gehabt hätte.

Abschließend noch ein wichtiger Tipp. Wer diesen Klassiker nachholen möchte, sollte sich dringendst die englischsprachige Originalfassung anschauen, bzw. anhören. Alleine schon die selten dämliche Übersetzung des Originaltitels zu „…Jahr 2022… die überleben wollen“ zeigt, dass das deutsche Dialogbuch in weiten Stellen unerträglich ist. So wird Detective Thorn regelmäßig als Detektiv bezeichnet und der simple Satz „I’m going home“ mit „Ich lasse mich einschläfern“ übersetzt. Also hier lieber die Finger weg von der deutschen Synchro und die Originalfassung schauen.

Das Fazit (für Lesefaule):

„…Jahr 2013… die einen guten Klassiker sehen wollen“, so könnte für mich eine aktualisierte Fassung dieses Films lauten. Aufgrund der sehr austauchbaren Kriminalgeschichte ist Soylent Green für mich kein Meisterwerk erster Güte. Dennoch hat mich seine Kompromisslosigkeit einer düsteren Dystopie mitgerissen. Wer diesen Klassiker noch nicht gesehen hat, dem sei er wärmstens ans Herz gelegt.

P.S.: Mögliche Nebenwirkung des Films: Leichte Hemmungen, herzhaft in den bereitgestellten Snack zu beißen. Bei Problemen fragen Sie ihren Arzt oder Filmverkäufer.

Wertung:

Eine schmackhafte Packung Soylent Green – 8 von 10 Weight Watchers Punkten.

8-0

Trailer:

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