Dredd (Oder: Im Zweifel gegen den Zuschauer)

Jahr: 2012
Regie: Pete Travis
Laufzeit: 95 Minuten
Budget: 45 Mio. $

Der Inhalt kurz und knapp:

Es gibt Tage, an denen man lieber mit dem Arsch im Bett geblieben wäre. So, oder so ähnlich… Moment, dass kommt mir bekannt vor. Die kurzweilige Geschichte von „Dredd“ deckt sich im Wesentlichen mit dem 2011 erschienen indonesischen Martial-Arts-Spektakel „The Raid: Redemption“. Im Gegensatz zur indonesischen 20-köpfigen Polizeieinheit, stürmt hier lediglich ein einzelner Judge, samt Azubi im Gefolge, einen Hochhauskomplex der fiktiven Mega City One. Ihm Gegenüber steht die Drogenbaroin Ma-Ma, die das Hochhaus beherrscht und nebenbei fleißig Drogen herstellt, vor Ort vertreibt und sich gelegentlich zahlungssäumiger Abnehmer annimmt.

Es kommt wie es kommen muss, die beiden Hüter des Gesetzes werden von der Außenwelt abgeschnitten und bekommen es mit der aufgebrachten Bewohnerschaft zu tun. Hierbei kommen dem altgedienten Judge Dredd (Karl Urban) die übersinnlichen Fähigkeiten seiner neuen Kollegin (Olivia Thirlby) gerade gelegen, denn trotz allerlei letaler Projektile im Arsenal, kann das Hochhausleben in Zeiten der radioaktiven Verstrahlung äußerst kurzlebig ausfallen.

Die Meinung:

Dredd… da klingt doch was. Bereits 1995 schlüpfte Sylvester Stallone unter den mundwinkelbetonenden Helm eines Judges, wobei seine partielle Gesichtslähmung sicherlich ein wesentlicher Casting-Grund gewesen sein dürfte. 18 Jahre später übernimmt nun also Karl Urban die Rolle des gewaltenbündelnden Judges und macht sich daran fleißig Urteile zu fällen und zu vollstrecken. Fragt sich nur, warum?

Gute Frage. Regisseur Pete Travis hat mit „Dredd“ einen Film auf die Leinwand gebracht, dessen Absichten völlig klar sind. Der Film will hart sein, der Film will schmutzig sein, der Film will cool sein. Tatsächlich ist „Dredd“ aber vor allem eins: unglaublich platt. Ich kann letztendlich nicht genau sagen, ob Travis sich bei „The Raid“ bedient hat oder nur unterbewusst inspiriert wurde. Die Parallelen der beiden Filme sind jedoch derart frappierend, dass es teilweise schon weh tut.

Die Handlung verläuft zu Beginn schleppend und nichtssagend, Hintergründe zu den Charakteren gibt es wenig bis keine. Nachdem das Hochhaus betreten ist kommt zwar so etwas wie eine gewisse Entwicklung auf, wird aber an vielen Stellen immer wieder durch Plotholes schmerzlich eingerissen. So fragt man sich als Zuschauer warum eine Drogenbaronin, die nach den Angaben des Films das komplette Hochhaus kontrolliert, erst im Keller befindliche Techniker töten und danach das Computersystem hacken muss, um das Gebäude zu verriegeln. Zudem kommt es zu der kuriosen Situation, dass angeforderte Verstärkung, in Form von weiteren Judges, die Hälfte des Films vor dem Gebäude wartet, weil die Tür nicht geöffnet wird. Auch die beiden Judges im Inneren scheinen der Handlung nicht wirklich folgen zu können, irren sie doch ohne Erklärung in beliebige Richtungen. Hierbei muss Dredd dann erst einmal den Grundriss des Gebäudes aufrufen, der ihm anschaulich erklärt, wo welche Himmelsrichtung ist. Hm.

An dieser Stelle ein zweiter Kritikpunkt. Was bereits in den ersten Minuten des Filmes auffällt ist insbesondere seine, um freundlich zu bleiben, kostengünstige Produktion. Direkt zu Beginn sieht man Karl Urban auf einem nur marginal veränderten Motorrad sitzend, einer Junkiegruppe hinterherfahren, die einen VW T3 steuert. Im weiteren Verlauf des Filmes geht es dann in das 200-stöckige Mega-Hochhaus „Peach Trees“, das nur in wenigen Szenen von außen gezeigt wird und sich die Höhe im Inneren nur in einigen wenigen Sequenzen zeigt. Ansonsten sind vor allem heruntergewirtschaftete, karge und x-beliebige Betongänge zu sehen. In diesen gibt es dann allerhand Schießereien, bei denen zwar schonungslos draufgehalten wird, aber die Einschläge und Schussverletzungen alles andere als authentisch wirken (stellenweise scheinen hier einfach rote Farbflecken über das Kamerabild gelegt worden zu sein).

Was will ich nun damit sagen? Der Film sieht an vielen Stellen wirklich billig und lieblos gemacht aus. Wäre „Dredd“ ein Low-Budget-Film von begeisterten Fans, könnte ich sicherlich darüber hinweg sehen, doch sind hier immerhin 45 Millionen Dollar in die Produktionskasse geflossen. Hier drängt sich wieder einmal der Vergleich zu „The Raid“ auf, der gerade einmal eine einzige Million benötigte und wesentlich authentischer auftritt.

Zu guter Letzt ein Wort zu den Schauspielern. Karl Urban lässt den gesamten Film über den Helm auf dem Kopf, eventuell aus Scham, und lässt lediglich seine Kieferknochen die schauspielerische Arbeit übernehmen. Dies gelingt zwar gelegentlich, ist jedoch im Wesentlichen eine klare Fehlentscheidung des Drehbuchs. Hätte Urban wenigstens eine ausdrucksstarke Schauspielkollegin an seiner Seite, wäre das Ganze vielleicht zu vernachlässigen, doch hat sich Olivia Thirlby passenderweise dazu entschlossen Mimik und Ausdruck auf ein Minimum zu beschränken. Im Grunde hätte sie sich ebenfalls einen Helm aufsetzen können.

Das Fazit (für Lesefaule):

Auweia. Nein, „Dredd“ konnte mich durch eigentlich nichts überzeugen. Die Effekte sind einfach zu wenig für 45 Millionen Dollar, die Schauspielkunst hat eine Schaffenspause eingelegt und die Handlung bietet zu wenig (oder zu viel, je nach Blickweise). Bei der Wertung halte ich dem Film zu Gute, dass er es sich wenigstens vorgenommen hat ein waschechter, geradliniger Actionfilm zu sein. Doch insgesamt ging dieser Versuch klar nach hinten los.

Wertung:

3 „Hot Shots“ aus der Universalkanone.

3-0

Trailer:

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