Jahr: 2015
Deutscher Titel: Alles steht Kopf
Regie: Pete Docter
Laufzeit: 94 Minuten
Budget: 175 Mio. $
Der Inhalt kurz und knapp:
Hachja.. Kind sein. Damals hatte man es noch einfach. Kein nerviger Job, keine Rechnungen, keine Einkommenssteuererklärung. Doch ganz so einfach ist es nicht. So auch für die 11-jährige Riley, die mit ihren Eltern aus dem ländlichen Minnesota ins städtische San Francisco zieht. Mit allen Konsequenzen, die ein solcher Umzug mit sich bringt. Verlust der Freunde, der bekannten Umgebung und mit den üblichen familiären Streitigkeiten. Das könnte ein ziemliches Gefühlschaos nach sich ziehen? Allerdings! Denn die Gefühle, repräsentiert durch fünf Charaktere in Rileys Kopf – Freude, Kummer, Angst, Ekel und Wut – sind in heller Aufregung. Diese steuern aus einer Art Leitwarte Rileys Gefühlswelt und somit die Interaktion mit ihrer Außenwelt. Nun ist gerade in einer solchen Situation die Freude eine nicht unwichtige Emotion. Doch genau diese ist momentan leider abkömmlich, da sich Freude und Kummer durch einen Unfall aus der Leitwarte ausgeschlossen haben. Die übrigen drei Gefühle bleiben zurück und versuchen ihr Bestes Riley durch diese Lebenskrise zu bringen, was sich aber nicht gerade als einfach erweist. Währenddessen sind Freude und Kummer in den Untiefen von Rileys Geist unterwegs und suchen einen Weg zurück, bevor alles… Kopf steht!
Die Meinung:
Eigentlich bin ich ja nicht unbedingt ein Fan von Pixar und ihren Animationsfilmen. Nicht, dass mir diese generell nicht gefallen, aber irgendwie stehen Animationsfilme selten ganz oben auf meiner Liste-der-noch-anzuschauenden-Filme. Doch als ich von der Grundidee von „Inside Out“ las, war ich sofort mehr als interessiert. Gefühle als Charaktere steuern aus einer Art Zentrale das Leben der Protagonisten? Also dann, wie macht sich nun der neuste Streich aus dem Hause Pixar?
Gut. Toll. Großartig. „Inside Out“ hat meine Erwartungen sogar noch übertroffen. Es ist wirklich erstaunlich, was Pete Docter und seine Drehbuchkollegen an Ideen in den Film packen konnte, ohne ihn zu überfrachten oder für Kinder unschaubar zu machen. Was haben wir alles? Neben der eigentlichen Geschichte geht es vor allem darum, wie Gefühle unser Leben auf der untersten, basalen Ebene beeinflussen. Dabei geht es nicht nur um unsere momentane Gefühlswelt, sondern auch darum, wie frühere Gefühle unsere wichtigsten Erinnerungen beeinflussten und damit auch unser Wesen bestimmen. Ganz nebenbei kommen dann auch noch Themen wie Erinnerungs- und Persönlichkeitsbildung zum Tragen. Zur Erinnerung: Wir reden hier über einen Pixar Film. Toll!
Toll vor allem, weil der Film lockerleicht seine 94 Minuten herunterspielt. Hierbei dürfte sowohl Kind, als auch Erwachsener gut unterhalten sein und keinen mit diesen doch happigen Themen überfordern. Für die jüngeren Zuschauer sind alle notwendigen Ingredienzien vorhanden, wie lustige Slapstick-Einlagen oder spannende Actionszenen. Und auch für den älteren Zuschauer dürften sich viele der Fragen erst nach dem Abspann stellen, wenn vielleicht 1-2 Tage ins Land gegangen sind. Bei mir jedenfalls gären die Szenen geistig immer noch vor sich hin und bieten noch reichlich Stoff zum Philosophieren über den Menschen und dessen Gefühlswelt.
Tja.. kann man sich bei „Inside Out“ überhaupt beschweren? Nun, es ist und bleibt ein Kinderfilm von Pixar. Und ein solcher Pixar-Film folgt nun einmal dem üblichen Muster. Exposition, zur Einführung der Charaktere. Aufbau der Geschichte. Emotionaler Tiefpunkt. Umschwenken ins Erfreuliche. Happy End. Hier kann ich „Inside Out“ keinen wirklichen Strick draus drehen, da dies einfach der typische Ablauf einer Kinderfilmhandlung ist – ich wüsste auch nicht, wie man es anders machen sollte. Doch irgendwie empfand ich dieses Standardmuster (wieder einmal) als beliebig.
Wenn mich eins wirklich genervt hat, dann war es der Vorfilm „Lava“. Der hat zwar im engeren Sinne nichts mit „Inside Out“ zu tun… aber! Das lief bei mir deutlich über der Schamschwelle… und ich war hier beileibe nicht der einzige im Kinosaal.
Doch wenn ich ein Fazit ziehe, kann ich Pixar und Pete Docter nur gratulieren. „Inside Out“ ist ein großartiger Film geworden. Vielleicht nicht wegen seiner Geschichte, aber umso mehr für die Leichtigkeit äußerst anspruchsvolle Themen aufzugreifen und diese gekonnt in einen Kinderfilm zu integrieren. So haben Kinder Spaß an bunten, witzigen Figuren, während Erwachsene im besten Falle einige spannende Theorien der Persönlichkeitsbildung aufnehmen.
Das Fazit (für Lesefaule):
Wahnsinn. Das Pixar in vermeintliche Kinderfilme ungewöhnlich viel Tiefe erzeugen kann, ist nichts Neues. Doch was der Truppe um Pete Docter in „Inside Out“ gelungen ist, kann man nicht hoch genug bewerten. Noch Tage nach der Sichtung des Filmes lassen mich Film und Inhalt kaum los. In geradezu spielerischer Weise greift Pixars neuster Streich Themen auf, wie Persönlichkeitsbildung, Erinnerungsbildung oder Wahrnehmung. Dazu werden dann noch munter Konzepte der Neurowissenschaften eingestreut. Wie entstehen Gefühle, wie Erinnerungen? Wie beeinflussen diese unser Wesen?
Und das soll sich irgendwer anschauen? Geschweige denn Kinder? Ja, absolut! Denn der Film bietet für Kinder die üblichen Animationsfilminhalte, wie absurde Charaktere, witzige Dialoge und allerlei bunten Bildern. Gleichzeitig kann sich der Erwachsene (Mit-)Zuschauer an einer Metaebene erfreuen, die es unter der Haube in sich hat. Ein großartiger Film für Jung und Alt, bei dem sich Pixar dieses Mal selbst übertroffen hat.
Wertung:
Trailer: