Jahr: 2016
Regie: Nicolas Winding Refn
Laufzeit: 117 Minuten
Budget: 7 Mio. $
Der Inhalt kurz und knapp:
Das Modegeschäft ist vor allem für die beteiligten Models ein hartes Pflaster. Eine Branche, in der man sich mit Mitte zwanzig schon im Greisenalter befindet und sich einer schier unbegrenzten, immer jünger werdenden Konkurrenz gegenübersieht. In die schillernde Modewelt von Los Angeles kommt die gerade erst 16-jährige Jesse (Elle Fanning). Diese stößt bei den ansässigen Agenturen und Fotografen schnell auf Anklang und scheint den Erfolg geradezu anzuziehen. Das dies bei ihrer alteingesessenen Konkurrenz nicht gerade auf Gegenliebe stößt ist selbstredend. So hat Jesse lediglich gewissen Rückhalt bei Dean, ihrem Freund in spe, und der Stilistin Ruby (Jena Malone). Doch mit steigendem Erfolg und damit wachsendem Ego, brechen auch diese Beziehungen in sich zusammen und Jesse bleibt alleine zurück. Der Beginn von Ende, denn das diese Konstellation für Jesse kein gutes Ende nimmt scheint besiegelt.
Gefällt der Film?
Da ist er wieder. Nicolas Winding Refn ist mit „The Neon Demon“ zurück auf der großen Leinwand. Nach wie vor ist Refns 2011 erscheinender „Drive“ einer meiner persönlichen Lieblingsfilme. Jedoch flaute meine Begeisterung deutlich ab, nachdem das Gespann Refn/Ryan Gosling 2013 mit „Only God Forgives“ leider nicht mehr an den Vorgänger anknüpfen konnte. Zu minimalistisch war der Film geworden, zu wenig konnte die Handlung und der am Ende doch plumpe Einsatz von schockierender Gewalt überzeugen. Daher hatte ich ein durchaus gemischtes Gefühl vor dem Gang ins örtliche Lichtspielhaus.
Was fällt sofort auf? „The Neon Demon“ kommt von der erzählerischen Weise durchaus „Only God Forgives“ nahe, besitzt jedoch eine für mich wesentlich zugänglichere Erzählweise. Woran liegt das? Der Film verfügt schlicht über ein umfangreicheres Drehbuch als dessen Vorgänger. Zwar nimmt sich der Film immer wieder zurück und verstummt, dennoch schafft es der Film durch mehr Handlung seinen Figuren ein gewisses Leben einzuhauchen. So bieten die Charaktere einfach mehr Fläche und interessierten mich wesentlich mehr, als die am Ende sehr eindimensionalen Figuren aus „Only God Forgives“.
Doch auch hier bricht der Film immer wieder aus der klassischen Erzählform aus und zeigt lange Passagen, die voll und ganz über Bild- und Musiksprache die Handlung vorantreiben möchte. Das funktioniert meiner Meinung mal besser, mal schlechter. Besser, wenn über die Bildsprache die psychische Veränderung von Jesse deutlich wird, wie Sie von der Branche und dem Hype um ihre Person korrumpiert wird. Schlechter, wenn die Handlungsebene durch die Bildgestaltung derart verschlüsselt wird, dass ich als Zuschauer so meine Probleme hatte diese sinnvoll in die Handlung zu integrieren.
Wie auch zuvor greift Refn zum guten alten Stilmittel des Tabubruchs. Was haben wir denn schönes in der Mottenkiste? Nekrophilie. Klar, gerne. Kannibalismus? Warum nicht? Sexueller Missbrauch von Minderjährigen? Fast etwas profan, aber kann nicht schaden. Die Frage ist, warum? Man könnte Refn vorwerfen diese Elemente gewählt zu haben, rein um des Effekts willen. Natürlich schockiert es den Zuschauer, ruft Ekel hervor und involviert den Zuschauer damit emotional in den Film. Obendrein bieten solche Tabubrüche natürlich auch Gesprächsstoff abseits des Kinosaals, nicht zuletzt in den allgegenwärtigen Medien. Doch hier finde ich würde man dem dänischen Regisseur Unrecht tun, wolle man ihm lediglich ein nur oberflächiges Interesse an solchen Elementen unterstellen. Refn inszeniert mit seiner Bildsprache ein glattes, künstliches Bild der Modeindustrie. Dieses durchbricht er gezielt durch diese unangenehmen Bilder und zerstört das soeben so schön Erschaffene. Für mich bringen diese Elemente dadurch eine eigene Funktion mit und hiermit auch eine Rechtfertigung.
Was wieder einmal auffällt ist ein wahnsinnig toller Soundtrack. Dieser stammt wie auch bei „Drive“ und „Only God Forgives“ wieder aus der Feder von Cliff Martinez. Die Musik erinnert wieder an die der 80er Jahre, mit zahlreichen atmosphärischen Klängen, ist mal sehr zurückgenommen, mal äußerst präsent. Vielleicht zu präsent, wie ebenfalls bei „Drive“, wo der Musik zwischenzeitlich der eigentliche Film weichen muss. Für mich hat der Score aber perfekt funktioniert, da eine solche Fokussierung auf den musikalischen Anteil durchaus erfrischend wirkt.
Ein kurzes Wort noch zur Schauspielleistung. Elle Fanning spielt absolut großartig. Besonders die Verwandlung des schüchternen Mädchens vom Lande hin zum von Narzissmus und übersteigertem Ego korrumpierten Model ist fantastisch. Ebenfalls gut gefallen hat mir Jena Malone. Diese hat einige nicht ganz so einfache Szenen zu spielen, die sie aber mit voller Hingabe über die Bühne bringt. Der Rest des Casts macht solide Arbeit, inklusive eines Reanu Reeves, dessen Rolle aber als besserer Cameo verbucht werden kann.
Tja. Wie will man „The Neon Demon“ am Ende nun bewerten? Ich denke, das dies ist eine höchst subjektive Bewertung ist. Stört es, dass Refn im Laufe des Films immer wieder die klassische narrative Ebene verlässt und versucht die Geschichte mit Bildsprache und bildlichen Metaphern zu erzählen? Stört es, eine Geschichte erzählt zu bekommen, die nicht konsistent daherkommt und an manchen Stellen vielleicht auch zu viele Fragen offen lässt und viel Interpretationsarbeit verlangt? Mich hat am Ende beides nicht gestört. Ich habe die 2 Stunden Film wirklich sehr genossen und war absolut angetan von dem Ergebnis. „The Neon Demon“ ist sicherlich kein perfekter Film und ich kann es auch gut verstehen, wenn man sagt: „Danke, aber nein danke.“. Für mich aber war dieser Film wirklich erfrischend anders und hat mich ziemlich begeistert zurückgelassen.
Das Fazit (für Lesefaule):
„The Neon Demon“… Es fällt wirklich schwer diesen Film zu bewerten. Der Film ist auf jeden Fall eine Besonderheit im momentanen Kinoprogramm und bietet eine Menge spektakulärer Bildszenerien, die je nach Situation irgendwo zwischen aufregend und abstoßend wirken. Das ist großartig, ebenso wie die musikalische Untermalung, auch wenn sich nicht jede Szene zur Zufriedenheit entschlüsselt werden kann. Letztlich bricht der Film aber immer wieder mit einer eigenen Geschichte und verlässt die klassische Narration und stürzt sich munter in bildliche Metaphern. Das klappt nicht immer zu 100 Prozent und ist auch nicht gerade für einen konsistenten Plot zuträglich. Dies sind Eigenschaften die man mögen muss und auch dann durchaus nerven können. Doch unterm Strich hatte ich mit „The Neon Demon“ ein wunderbares Filmerlebnis, das sicherlich nicht das letzte war.
Wertung:
Trailer:
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