Jahr: 2014
Deutscher Titel: The Imitation Game – Ein streng geheimes Leben
Regie: Morten Tyldum
Laufzeit: 114 Minuten
Budget: 14 Mio. $
Academy Awards (gewonnen/nominiert): Bester Film, Beste Regie, bester Hauptdarsteller, Beste Nebendarstellerin, Bestes adaptiertes Drehbuch, Bestes Szenenbild, Beste Filmmusik, Bester Schnitt
Der Inhalt kurz und knapp:
1939 – Kurz nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs kann Nazi-Deutschland einen Sieg nach dem anderen verbuchen. Dazu trägt auch eine eher unscheinbare Waffe bei, die ENIGMA. Diese Verschlüsselungsmaschine erzeugt aus Wörtern und Sätzen einen sinnlosen Buchstabenbrei, der nur durch die Maschine wieder entschlüsselt werden kann. Dies ist besonders für die Briten ein echtes Problem, da auch die deutsche U-Boot-Flotte mit ENIGMA-verschlüsselten Befehlen versorgt wird. Hierdurch sind die Versorgungsschiffe auf dem Atlantik gefährdet, die mit kriegswichtigen Gütern aus den USA beladen sind. Daher hat die britische Armee im Örtchen Bletchley einen hochgeheimen Standort geschaffen, in dem Mathematiker und Linguisten versuchen die ENIGMA-Verschlüsselung zu brechen. Zu dem Team in Bletchley stößt der junge Alan Turing (Benedict Cumberbatch), hochintelligent, aber auch als sozial schwierig einzustufen. Dieser hat jedoch zur Dechiffrierung der ENIGMA eine revolutionäre Idee – eine elektrische Maschine, welche automatisch die Codierung brechen kann. Doch ist für Turing die ENIGMA nicht das einzige Problem, muss er doch gleich mehrere private Umstände meistern.
Die Meinung:
Biopics sind ja so eine Sache. Zwei Sachen müssen hier stimmen – die ausgewählte, reale Person als Kern des Films und zum anderen die gewählte Inszenierung der dazugehörigen Lebensgeschichte. Erstes stimmte beispielsweise zwar bei „The Theory of Everything“, da Stephen Hawking eine interessante Person mit einer bewegten Geschichte ist, doch empfand ich den Schwerpunkt für falsch gelegt. Denn ging es für meinen Geschmack hier zu wenig um die Arbeit Stephen Hawkings, als vielmehr um seine Krankheit und dessen Eheleben. Das war zwar packend inszeniert, aber irgendwie hatte ich etwas anderes erwartet.
Doch warum über „The Theory of Everything“ auslassen? Nun, in „The Imitation Game“ geht es wiederrum um eine Lebensgeschichte eines hochintelligenten Wissenschaftlers, den ebenfalls ein schlimmes Schicksal ereilte – Alan Turing. Tatsächlich erlebt die Person Turing in den letzten Jahren eine verspätete Aufmerksamkeit, wodurch ich mich bereits vor längerer Zeit mit dessen Arbeit beschäftigte. Umso gespannter war ich nun auf „The Imitation Game“. Was lässt sich zur Verfilmung von Turings Geschichte sagen?
Ein wirklich toller Film, mit vielleicht dem einen oder anderem Abstrich. Besonders gefiel mir, dass Morten Tyldum nicht das private Leben und die Sexualität von Turing in den Mittelpunkt stellt. Zwar werden diese Themen behandelt, die natürlich auch ihre absolute Berechtigung haben, jedoch rahmen sie die Arbeit von Turing in Bletchley erzählerisch ein. Dadurch ergab sich für mich eine wesentlich rundere Mischung, als bei „The Theory of Everything“, der für mich unausgewogen wirkte.
Ein großer Pluspunkt ist zweifellos Benedict Cumberbatch. Das Cumberbatch sozial schwierige Charaktere brillant darstellen kann, ist keine Neuigkeit. Doch hier wird sein großartiges Talent wieder einmal deutlich. Denn Cumberbatch schafft es Turing zwar als im Umgang schwierigen, überheblichen und auch oft lästigen Charakter zu spielen, der aber trotzdem als Mensch realistisch wirkt. Das schafft er, indem er die negativen Elemente zwar ausspielt, aber nie überzeichnet. So kann der Zuschauer sich mit Turing identifizieren, gleichzeitig wird dessen schwieriges Wesen einwandfrei klar.
Die übrigen Figuren des Drehbuchs gruppieren sich eindeutig um Turing. Die einzig größere Rolle in der Geschichte, Turings zwischenzeitliche Ehefrau Joan Clarke, wird von Keira Knightley durchaus zurückgenommen gespielt, was jedoch voll und ganz zur Geschichte passt. Auch Mark Strong als mysteriöser MI6-Agent hat einen starken Auftritt, aber im Grunde haben wir eine waschechte One-Cumberbatch-Show.
Sehr gut gefiel mir die Geschichte in drei Zeitebenen zu erzählen, wobei sich auch die erwähnte Klammer der Handlung wiederfindet. Die Handlungsebenen in den 20er und 50er Jahren erzählen vorwiegend Turings Leben und privates Schicksal, während die mittlere Ebene zu Kriegsausbruch, hauptsächlich Turings Arbeit schildert. Gerade der mittlere Teil ist sehr knackig erzählt und für ein Biopic durchaus spannend.
An der Stelle kommt nun doch die unausweichliche Diskussion, ob ein Biopic realistisch sein muss und inwieweit eine historische Genauigkeit notwendig ist. Natürlich ist „The Imitation Game“ keine Dokumentation, sondern ein Spielfilm, dessen Handlung dramaturgischen Anforderungen unterliegt. Doch wenn man sich bereits vorher ein wenig mit der Arbeit von Turing befasst hat, wird man schnell merken, dass eine ganze Reihe an Elementen und zeitlichen Zusammenhängen so nicht richtig zusammengestellt sind. Besonders heftig wurde die Entscheidung kritisiert, dass Turing angeblich auf den sowjetischen Spion John Cairncross traf und sogar über dessen Geheimnis wusste. Hier haben die Autoren vielleicht etwas zu viel kreative Arbeit geleistet.
Ebenfalls farglich empfand ich das Ende des Films. Das schlussendliche Schicksal von Turing wird nur bis zu einem gewissen Punkt filmisch erzählt. Ab diesem Punkt entschied sich Morten Tyldum die weiteren Ereignisse als Texteinblendung zu erzählen – schwierig. Ich finde dieses Mittel immer für eine Notkrücke, die an dieser Stelle auch nicht hätte sein müssen. Hier hätte man ruhig mit filmischen Mitteln versuchen sollen das Ende von Turings Leben darzustellen, was sicherlich einen intensiveren Effekt gehabt hätte, als eingeblendete Sätze.
Doch unterm Strich hat mir „The Imitation Game“ gut gefallen. Besonders die Entscheidung den Fokus auf Turings Arbeit in Bletchley zu legen hat mir sehr zusagt. Zwar gehört das Privatleben natürlich auch immer zu einem Biopic dazu, am Ende sollte es aber nicht der überwiegende Teil eines Spielfilms sein.
Das Fazit (für Lesefaule):
„The Imitation Game“ ist eines der besten Biopics, das ich bisher gesehen habe. Zugegeben liegt dies auch in meinem Interesse an der Person Turing. Das Drehbuch schafft es aber eine angenehme Balance zu wählen zwischen der wissenschaftlichen Arbeit von Turing und dessen Privatleben und Schicksal. Dadurch wirkt der Film auch wesentlich knackiger als so mancher Genrekollege. Obendrein läuft Benedict Cumberbatch wieder einmal zur Höchstform auf und füllt die Figur mit Leben aus. Dass der Film an manchen Stellen nicht besonders historisch akkurat ist und auch das Ende etwas ungeschickt wirkt, ist da eher nur ein kleiner Abstrich.
Wertung:
Trailer:
Biopics müssen nicht zwangsläufig inhaltlich richtig sein, allerdings sollten sie auch nicht alle Fakten verdrehen. (Falls du dich für das Thema interessierst, dann empfehle ich dir die Seite http://www.historyvshollywood.com/, die Filminhalte mit den historischen Fakten gegenüberstellt). Der Film soll auf einen Menschen aufmerksam machen. Und im Fall von Alan Turing ist das durchaus gelungen. Als ich STEVE JOBS – ebenfalls nicht ganz akkurates Biopic über den ehemaligen Apple-CEO – gesehen habe und ein übergroßes Bild von Alan Turing an der Wand hing, da wusste ich wer das war. Und damit ist doch schon viel erreicht.