Jahr: 2013
Regie: Martin Scorsese
Laufzeit: 179 Minuten
Budget: 100 Mio. $
Academy Awards: Bester Film (nominiert), Beste Regie (nominiert), Bestes adaptiertes Drehbuch (nominiert), Bester Hauptdarsteller (nominiert), Bester Nebendarsteller (nominiert)
Der Inhalt kurz und knapp:
Jordan Belfort (Leonardo DiCaprio) ist süchtig – süchtig nach vielen Substanzen, vor allem jedoch nach der Droge Geld. Wo begibt sich so jemand Mitte der 80er Jahre hin? Richtig, zur Wall Street. Doch gerade erklimmt der aufstrebende Broker die Karriereleiter, als diese auch schon wieder im scheinbaren Nichts endet. Schuld ist einer der schwärzesten Tage der amerikanischen Börse, Belfort verliert seinen Job und muss anderweitig unterkommen. Durch Zufall landet Belfort, weit weg von der Wall Street, bei den penny stocks. Diese eigentlich eher für den kleineren Mann gedachten Papiere, sind höchst lukrativ und schnell wird klar, dass Jordan Belfort vor allem eins ist – ein geschickter, aber auch skrupelloser Verkäufer. Binnen kürzester Zeit baut Belfort ein florierendes Unternehmen auf und verwendet die Einnahmen für Partys, Drogen, Alkohol, Drogen und vor allem Drogen. Am Ende bleibt nur eine Frage. War das wirklich alles legal?
Die Meinung:
Jetzt soll es also endlich klappen – einen Oscar für Leonardo DiCaprio. Um dies vorwegzunehmen: „The Wolf of Wall Street“ schaut sich in weiten Passagen des dreistündigen Sitzfleischmarathons, wie ein einziges Werbevideo für DiCaprio. Getreu dem Motto: Jetzt gebt ihm doch endlich, endlich was er verdient hat. Nun, da Mister Scorsese offenbar dieses Ziel verfolgt, möchte ich zunächst einen kleinen Exkurs starten zum bisweilen schwierigen Verhältnis zwischen mir und Leonadro.
Und das begann denkbar schlecht. Den Großteil der frühen Filme von DiCaprio fand ich gelinde gesagt uninteressant, bis weniger gelinde gesagt schwer erträglich. Ob nun „Romeo + Juliet“ und „The Man in the Iron Mask“, über „Titanic“, bis schließlich zu „Aviator“. Die Filme waren allesamt nicht mein Fall und größtenteils lag dies für mich auch klar am Protagonisten, bzw. am Hauptdarsteller. Woran dies genau lag kann ich heute nicht mehr so recht ausmachen, jedenfalls reichte schon der Name „DiCaprio“ für mich aus einen Film zu meiden. Doch mittlerweile kann ich mit Fug und Recht behaupten, dass sich dies fundamental gewandelt hat. Denn schließlich, und hier schließt sich der Kreis, liefert der Mann in letzter Zeit ab. Bei jedem Film.
Ob nun bei „Django Unchained“, „Shutter Island“, „Inception“, „J. Edgar“… und und und. DiCaprio gibt in jedem Film alles und überzeugt schauspielerisch auf breiter Linie. Insofern auch meine Forderung: Gebt dem Jungen doch mal einen Goldjungen. Doch nun stellt sich eine Frage. Wirklich für „The Wolf of Wall Street“?
Die Antwort ist ein klares JA! Leonardo DiCaprio hat die Chance ergriffen, die ihn Martin Scorsese geboten hat. Die drei Stunden, die scheinbar explizit um sein Leib geschrieben, gedreht, geschnitten und auf Band gespeichert wurden, sind angereichert mit reichlich Szenen, in denen DiCaprio zeigen kann, was er als Schauspieler auf dem Kasten hat. Ellenlange Motivationsreden, Wutausbrüche, vorgespielte Drogenräusche… hier ist für das Repertoires des Oscar-Gewinner alles dabei. An dieser Front ist also alles im Lack. Doch wie sieht es mit dem Film ansonsten aus?
Nunja… gut, aber nicht berauschend. So könnte eine Zusammenfassung der 179 Minuten aussehen. Doch kommen wir zunächst zur Haben-Seite. Hier muss ich sagen, dass ich mit all den zahllosen absurd-lustigen Szenen wirklich meinen Spaß hatte. Hierbei helfen, neben dem Drehbuch, vor allem zahlreiche weitere Darsteller. Allen voran Jonah Hill, der mich in seiner Rolle als Donnie Azoff sehr positiv überrascht hat (wobei er auch schon in Moneyball ein guter Wurf war) und völlig zu Recht hierfür die Nominierung für den Nebendarsteller-Oscar erhielt. Daneben haben wir kurze, aber dennoch sehr treffende Auftritte von Matthew McConaughey, Jean Dujardin, Rob Reiner oder Jon Bernthal (bekannt aus „The Walking Dead“). Die Truppe spielt hier wirklich groß auf und produziert eine Absurdität nach der anderen, zwar mit durchaus hartem Humor, aber dennoch sehr, sehr unterhaltsam.
Doch so sehr diese Szenen für sich unterhalten, umso unausgewogener ist das Gesamtkonzept des Films. Regie und Drehbuch haben sich offenbar darauf geeinigt allen überflüssigen, sprich inhaltvollen, Ballast über Bord zu werfen. Kritik am Finanzsystem? Weg damit! Ermittlungsarbeit der Behörden bei Wirtschaftskriminalität? Auf ein Mindestmaß gestrichen! Eine Metakritik am Amerikanischen Traum? Who cares?
Was am Ende bleibt ist ein Epos über das geldverschwenderische Drogen- und Sexleben des Jordan Belfort. Die Idee die Originalgeschichte zu nehmen und hieraus ein Mashup von „Fear and Lothing in Las Vegas“ und „Hangover“ zu machen, ist an sich eine legitime Idee. Dann aber bitte 90 Minuten und nicht 180. Wenn ich das dritte Mal Belfort wild kopulierend im Drogenrausch erlebe, fängt es trotz lustiger Szenen an zu langweilen. Für diese lange Spielzeit hätte der Film dann doch mehr Inhalt benötigt.
Am Ende bleibt für mich festzuhalten, dass Leonardo DiCaprio tatsächlich den Oscar als bester Hauptdarsteller erhalten sollte (auch wenn ich die komplette Konkurrenz nicht kenne). Er hat in zahlreichen Filmen, und auch in diesem bewiesen, dass er zur absoluten A-Liga in Hollywood zählt und daher in den Club der Oscar-Gewinner aufgenommen werden muss. Ganz sicher ist dies nicht der beste Film in dem er je mitgespielt hat, aber hey… Al Pacino hat seinen Oscar auch für „Scent of a Woman“ bekommen. Zum Film selbst muss ich sagen, dass ich während der drei Stunden keine Langeweile hatte und oft lachen konnte. Doch ganz objektiv fehlt dem Film für diese lange Laufzeit klar der Inhalt – hier darf ruhig ein anderer Film bei den Academy Award zuschlagen. Vielversprechende Anwärter sind ja genug vorhanden.
Das Fazit (für Lesefaule):
Drogen, Sex und ein Zuviel an Geld. Eine gute Mischung für allerhand kuriose und lustige Szenen. Dies gepaart mit einem (wieder einmal) grandiosen Leonardo DiCaprio bietet „The Wolf of Wall Street“. Dabei ist die wesentliche Absicht des Films ganz unverkennbar – dem Hauptdarsteller einen Oscar zu verschaffen. Meiner Prognose könnte dies wohl gelingen, wohl auch mit Recht. Der übrige Rest vom Film ist jedoch gänzlich aufgebläht, zumindest für diese hohe Laufzeit. Hier fehlt dem Film ganz eindeutig der notwendige Inhalt die vielen Minuten anspruchsvoll zu füllen. Doch letztlich soll dies geschenkt sein. Wer auf deftigen Humor á la „Hangover“ steht, der wird hier seine wahre Freude haben, sollte aber auch keine Ausflüge in psychologische Erklärungsansätze zum Thema „Gier“ erwarten.
Wertung:
Ein Drogencocktail, der voll einschlägt. Allerdings auch ein durchaus unangenehmes Erwachen am nächsten Morgen beinhaltet. 7 von 10.
Trailer: