Take Shelter (Oder: Ich glaub‘ ich spinne!)

Jahr: 2011
Deutscher Titel: Take Shelter – Ein Sturm zieht auf
Regie: Jeff Nichols
Laufzeit: 121 Minuten
Budget: 5 Mio. $

Der Inhalt kurz und knapp:

Curtis LaForche (Michael Shannon) könnte sich im Grunde ziemlich glücklich schätzen. Er hat einen recht gutbezahlten Job, eine hübsche Frau (Jessica Chastain) und eine zwar hörbehinderte, aber liebenswerte Tochter. Zudem wohnen die beiden in einem Häuschen mit Garten, Hund und allem was dazugehört, wie zum Beispiel einem Tornadoschutzbunker. Es könnte also alles wunderbar sein, hätte Curtis nicht in letzter Zeit äußerst verstörende Alpträume. In denen taucht wiederkehrend ein gigantischer, apokalyptischer Sturm auf, aus welchen sonderbar ölige Tropfen abregnen – doch damit nicht genug. Bekannte Menschen um ihn herum beginnen sich in seinen Träumen merkwürdig zu verhalten und greifen ihn oder seine Tochter an. Zunehmend folgen ihn seine Träume ins reale Leben und drängen ihn dazu sich und seine Familie vor einer nicht greifbaren Gefahr zu schützen. So fragen sich nicht nur die Leute um Curtis, sondern auch er selbst, ob der Familienvater schlicht verrückt ist, oder vielleicht doch mehr hinter seinen Ängsten steckt.

Die Meinung:

Puh… Jeff Nichols und sein „Take Shelter“ stellen mich vor eine große Herausforderung. Um es vorweg zu nehmen: „Take Shelter“ macht vieles absolut richtig, hat viele tolle Momente und einen eindringlichen Plot. Eigentlich müsste ich vor Freude lautschreiend auf dem Dach stehen. Doch Glück für mich und meine Nachbarn: Diese Gelüste bleiben aus, ist doch der Funke nicht so wirklich übergesprungen. Woran liegt es? Der Versuch einer Erklärung.

Kommen wir zunächst zu den positiven Aspekten von „Take Shelter“. Allem vorweg ist hier sicherlich die schauspielerische Leistung von Michael Shannon zu nennen, der hier wieder einmal sein Können ausspielt. Dabei trägt Shannon den Film die 120 langen Minuten fast gänzlich alleine auf seinen Schultern, bis zum finalen Einsetzen des Abspanns. Und das macht er ziemlich großartig. Sein Schauspiel minimalistisch zu nennen wäre größtenteils maßlos hochgegriffen, doch dies passt absolut zu der portraitierten Figur des Curtis LaForche und wirkt höchst authentisch. Umso erschrockener fährt man zusammen, wenn Shannon, bzw. LaForche die Fassung verliert und unter seiner psychischen Anspannung zusammenbricht. Zudem wird mit der Hauptfigur eine sehr interessante Charakterstudie abgelegt, wie einem bisher gesunden und bodenständigen Mann langsam seine Psyche und damit auch sein Leben zu entgleiten droht.

Neben dem Schauspiel können auch die teils wunderbaren Aufnahmen überzeugen. Als würde man selbst draußen stehen und ein herannahendes Gewitter aus der Ferne betrachten, wird man von Nichols und seinen Kameraleuten auf weite Flur gesetzt und darf wunderschöne und beeindruckende Wolkenformationen betrachten. Untermalt werden diese Sequenzen mit subtiler Musik. Diese Art Musik, die einem überhaupt nicht auffällt, wenn man nicht explizit auf diese achtet.

Alles toll, alles schön. Nun aber Butter bei die Fische – wo klemmt es nun? Was mich besonders gestört hat ist die meiner Meinung nach viel zu lange Laufzeit. Gepaart mit dem langsamen Erzähltempo, fühlen sich die zwei Stunden an wie drei bis vier. Einige Sequenzen liefen geradezu viskos an mir vorbei, wobei ich mir gewünscht hatte der Regisseur hätte auf 20-30 Minuten Laufzeit verzichten können. Ein zweiter Kritikpunkt meinerseits ist das etwas flache Ende. Es ist ein Ende was man machen kann – zugegeben ja. Es stört nicht wirklich – ja. Dennoch wirkt es doch reichlich deplatziert. Hier hätte das Drehbuch ruhig ein etwas gewagteres oder zumindest subtileres Ende wählen müssen, da für mich die Endsequenz zu viel festlegt und scheinbar keine zweite Ebene hat. Schade.

Doch irgendwie sind es gar nicht die harten, klar abzuklopfenden Kritikpunkte. Irgendwie hat mich der Film nicht so abgeholt und mitgenommen, wie ich mir das gewünscht hätte. Komisch, komisch. Wer aber Interesse an einem fein geschriebenen und noch feiner gespielten Drama hat und der sich für Darstellungen des geistigen Verfalls erwärmen kann, der kann bedenkenlos zugreifen. Bitte nicht von meiner Wertung ablenken lassen. Am besten hier aufhören zu lesen! Der Film ist super! Besten Dank für die Aufmerksamkeit.

Das Fazit (für Lesefaule):

„Take Shelter“ ist einer dieser Filme, bei dem auf dem Papier eigentlich alles stimmt. Gute Schauspieler, insbesondere Michael Shannon mit seiner minimalistischen und ungemein authentischen Darstellung. Ein spannendes Drehbuch mit einem gemächlich, aber stetig anziehendem Handlungsbogen. Ein langsames Erzähltempo, damit sich der Plot gemächlich aufbauen kann. Tolle Bilder. Subtile, stimmungsvolle Musik.
Aber… Aber irgendwie ist bei mir der Funke nicht so recht übergesprungen. Das mag vor allem an der meiner Meinung nach zu langen Laufzeit von zwei vollen Stunden liegen, die man locker und ohne Abstriche auf 100 Minuten hätte drücken können. So besitzt der Film seine Längen und schaut sich gerade im mittleren Akt geradezu zäh. Das Ende ist für mich auf mehreren Ebenen ein wenig unbefriedigend, unter dem Strich fügt es sich jedoch einigermaßen in den Gesamtkontext ein. Mit meiner Wertung tue ich dem Film sicherlich ein wenig Unrecht… aber ich habe nie behauptet, dass der Blog objektiv sei. Oder doch? Dann ist es Quatsch! Ich schreibe aber auch manchmal Sachen…

Wertung:

Ein Stürmchen im Wasserglas – 6 und ein halber ölhaltige Wassertropfen.

6-5

Trailer:

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