Jahr: 2012
Regie: Kathryn Bigelow
Laufzeit: 157 Minuten
Budget: 40 Mio. $
Academy Awards: Bester Film (nominiert), Beste Hauptdarstellerin (nominiert), Bestes Originaldrehbuch (nominiert), Bester Tonschnitt (gewonnen), Bester Schnitt (nominiert)
Der Inhalt kurz und knapp:
Wir schreiben das Jahr 2011. Die Anschläge auf das World Trade Center in New York City nähern sich ihrem zehnten Jahrestag, bei dem circa 3.000 Zivilisten ihr Leben ließen. Der vermutliche Kopf hinter diesem Akt des Terrorismus und für die USA Staatsfeind Nr. 1, Osama bin Laden, konnte bisher seiner Ergreifung entgehen. Dies zu korrigieren versucht die CIA-Analytikerin Maya (Jessica Chastain), die während ihrer kompletten Dienstzeit beim Geheimdienst nur eine einzige Aufgabe kennt – die Suche und Jagd nach bin Laden.
Die Meinung:
Kaum ein anderer Film erzeugte mit seinem ersten Trailer bei mir so viel skeptisches Stirnrunzeln wie „Zero Dark Thirty“. Ein Spielfilm über die Exekution von Osama bin Laden, kaum mehr als ein Jahr nach den Geschehnissen in Pakistan. Zwar entstand eine leichte Erleichterung durch die Bekanntgabe des Namens der Regisseurin (Kathryn Bigelow), die bereits mit „The Hurt Locker“ eine überzeugende Darstellung über die Auswirkungen des Irak-Krieges skizzierte. Dennoch war die Skepsis bei mir groß.
Doch kann ich nach 157, teils sehr anstrengenden, Minuten Entwarnung geben. „Zero Dark Thirty“ erschlägt mit einer Klappe gleichen einen ganzen Schwarm Fliegen. Fliege Nummer eins: Die historische Aufbereitung. Eine der wesentlichen Stärken des Film ist seine Authentizität, die an vielen Stellen beinahe beängstigend wirkt. Diesen Schwung bekommt „Zero Dark Thirty“ vor allem durch sein geschickt geschriebenes Drehbuch, das gespickt ist durch zahlreiche, real geschehene Ereignisse (die Anschläge in London 2005, Islamabad 2008 oder Camp Chapman 2009). Hierbei scheut sich Bigelow nicht Nachrichtenbilder aus dem Archiv zu nutzen und erzielt damit die beschriebene Authentizität, so dass stellenweise die Grenze zur Dokumentation verschwimmt.
Das der Film jedoch nicht zu einer trockenen Geschichtsstunde vorkommt gelingt durch Fliege Nummer zwei: Das persönliche Drama. Ganz wesentlich lebt „Zero Dark Thirty“ von seinem Hauptcharakter Maya, die von Jessica Chastain äußerst mitreißend dargestellt wird. Der innere Antrieb der Agentin und die damit beinahe einhergehende Selbstzerstörung der jungen Frau überzeugt auf breiter Linie. Vor allem aber zieht die Darstellung die Handlung auf eine zweite Ebene, weg von den tatsächlichen realen Geschehnissen. Der Film handelt, bis zum Finale, somit nur noch nebenläufig von Al-Qaida und bin Laden, sondern maßgeblich von der Agentin, an deren einzigen Lebensaufgabe sie droht zu scheitern.
Bevor ich hier noch ins längere Schwafeln verfalle, zum Schluss noch Fliege Nummer drei: Der spannende Thriller. An diesem Aspekt lässt sich die handwerkliche Begabung von Bigelow besonders ausmachen. Bricht man es auf den Kern der Geschichte zurück, so ist sie eigentlich ziemlich unspannend. Beinahe 10 Jahre hat die CIA keine Ahnung über den Verbleib von bin Laden und tappt im Dunkeln herum. Hieraus einen packenden Plot zu schreiben und zu inszenieren fällt dabei schwer, doch hat der Film mit seinen beinahe 2 1/2 Stunden Laufzeit einen konstanten Spannungslevel. So wird selbst eine Autofahrt durch Islamabad durch den geschickten Einsatz von Kamera, Schnitt und musikalischer Untermalung eine höchst packende Sequenz. Dies hilft „Zero Dark Thirty“ ungemein als Film zu funktionieren, ein Aspekt, der bei anderen historisch angelegten Thrillern dieser Art gerne mal übersehen wurde.
Insgesamt ein sehr gelungener Film, der beim interessierten Zuschauer viele höchst ambivalente Fragen aufwerfen dürfte. Zu der einleitenden „Black Site“-Sequenz möchte ich mich nicht mehr äußern, als das ich sie für nur konsequent halte. Hier sollte sich jeder Zuschauer ein einiges Urteil bilden. Ich kann den Film nur empfehlen und Kathryn Bigelow nur beglückwünschen sich dieses Themas auf diese Art und Weise angenommen zu haben. Das hätte nämlich auch äußerst gründlich und nachhaltig in die Hose gehen können.
Das Fazit (für Lesefaule):
„Zero Dark Thirty“ ist entgegen meiner ersten, zweiten und auch dritten Erwartung ein spannender und höchst packender Polit-Thriller. Das von Bigelow ausgewählte Thema könnte kaum kontroverser ausfallen, der Film schafft es jedoch zu den historischen Ereignissen eine ausreichende Distanz aufzubauen, indem der erzählende Fokus im Wesentlichen auf der brillant gespielten CIA-Analytikerin Maya ruht. Kathryn Bigelow beweist nach „The Hurt Locker“ erneut, dass sich auch ohne pathosschwangere Dramatisierung aktuelle Kriege filmisch aufarbeiten lassen.
Wertung:
Waterboarding, Bombenanschläge und die gezielte Exekution von Terroristen – eine klare 9 auf der oben offenen Empörungs-Skala.
Trailer: