The Hateful Eight (Oder: Furchtbarer Kaffee)

Jahr: 2015
Deutscher Titel: The Hateful 8
Regie: Quentin Tarantino
Laufzeit: 168 Minuten
Budget: 44 Mio. $
Academy Awards: Beste Filmmusik, Beste Kamera (nominiert), Beste Nebendarstellerin (nominiert)

Der Inhalt kurz und knapp:

Wir schreiben eine Zeit, kurz nach dem Amerikanischen Bürgerkrieg. In den Weiten des Westens der USA gibt es reichlich zu tun für Kopfgeldjäger. Nach dem legendären Motto „Tot oder lebendig“ sind diese unterwegs und verfolgen steckbrieflich gesuchte Kriminelle. In Ausübung dieser Tätigkeit treffen die beiden Kollegen John Ruth (Kurt Russell) und Marquis Warren (Samuel L. Jackson) aufeinander, die unterschiedliche Arbeitskonzepte verfolgen. Während Warren es vorzieht seine Kunden als Leiche zusammengeschnürt dem Staat zuzuführen, präferiert Ruth es diese lebend zum nächsten Galgen zu eskortieren. So hat dieser momentan die Kriminelle Daisy Domergue (Jennifer Jason Leigh) in seiner Kutsche im Gewahrsam und ist auf dem Weg ins Städtchen Red Rock. In Ermangelung eines Pferdes, schließt sich zunächst Marquis Warren den beiden an, später gesellt sich dann noch der neue Sheriff von Red Rock hinzu. Als diese illustre Reisegemeinschaft gemeinsam in einen Schneesturm gerät, kehren diese in Minnies Miederwarenladen ein, um den Sturm abzuwarten. Dort warten bereits 4 weitere Gäste auf das Ende des Sturms. 8 Personen, eingeschlossen in einer Hütte, weitab der Zivilisation. Und dazu ein Sack voll Geheimnisse.

Die Meinung:

Tja, fast wäre es nicht zu „The Hateful Eight“ gekommen. Denn während der Vorproduktion 2014 wurde das Drehbuch geleakt. Daraufhin kündigte Quentin Tarantino an, die Arbeiten am Film abbrechen zu wollen. Ein Schock für viele. Doch glücklicherweise kam es nicht zu diesem Schritt und so erschien im letzten Jahr, passenderweise, Tarantinos 8. Langfilm. Also dann, die Pferde gesattelt und den Revolver durchgeladen. Wie schlägt sich denn nun das neueste Werk?

Tatsächlich hatte ich vor dem Film ein wenig Bedenken. Schon wieder etwas zur Zeit des Wilden Westens? Denn hatten wir das nicht gerade erst mit „Django Unchained“? Doch hier lässt sich schnell Entwarnung geben. Der Film hat mit Django lediglich eine ähnliche Zeitperiode im Hintergrund und wirkt nur im ersten Moment wie ein Western. Tatsächlich lässt sich der Film eher als Kammerspiel bezeichnen und könnte somit auch zu jeder anderen Epoche spielen. Wesentlich mehr Überschneidungen besitzt „The Hateful Eight“ mit Tarantinos Erstlingswerk „Reservoir Dogs“ und wirkt daher wie ein Schritt zurück zum Anfang.

Denn was direkt ab der ersten Szene auffällt: Es wird gequatscht, bis das Drehbuch raucht. Die Dialoge in „The Hateful Eight“ sind zahlreich, lang und nicht immer zielführend. Auch hier erinnert der Film an „Reservoir Dogs“ und bspw. die ausschweifende Diskussion über Madonna und Trinkgeld. Dies ist zwar zum Großteil originell geschrieben, vielleicht aber nicht unbedingt für jeden Zuschauer etwas. Möchte man dem Film also ans Bein pinkeln könnte man sagen, dass die ersten beiden Kapitel zu langatmig und dialogträchtig geworden sind. Das ist zwar nicht ganz von der Hand zu weisen, doch auf dem gesamten Film gesehen trägt die vergleichsweise lange Einleitung zum Spannungsaufbau bei. Denn mit Ankunft in Minnis Miederwarenladen und Kapitel 3, fängt die Geschichte an wirklich interessant zu werden. Hier spielt nun das Drehbuch und die filmische Umsetzung mit dem Vorwissen des Zuschauers aus den ersten beiden Kapiteln und lässt diesen nun munter drauf losvermuten wer hier nun welche Absichten verfolgen könnte. Um dann am Ende mit dann mit diesen Vermutungen zu brechen. Wer Spaß an solchen Konstrukten hat, wird seine Freude an „The Hateful Eight“ haben.

Hier spielt auch das handwerkliche Geschick von Tarantino zu Buche. Denn immer wieder werden kleine Hinweise in die Geschichte eingestreut, die sich nicht sofort dechiffrieren lassen, aber mich die gesamte Laufzeit über bei der Stange behielten. Da haben wir eine kaputte Tür, eine fast omnipräsente Kaffeekanne oder einen kurzen Blick auf verstreute Süßigkeiten. Hat man 1-2 Tarantinos gesehen weiß man: Das wird irgendwie noch einmal wichtig werden. Was es damit aber genau auf sich hat, ist bis zur Auflösung jedoch völlig unklar – zumindest ging es mir so.

Was haben wir noch auf der Haben-Seite? Da wären für mich vor allem die Charaktere und der ausgewählte Cast. Dieser ist gespickt von altgedienten Tarantino-Vasallen. Samuel L. Jackson, Kurt Russell, Tim Roth, Michael Madsen, Walton Goggins – alle mit dabei. Doch ob altgedient oder Neuling, der gesamte Cast macht eine tolle Figur. Die Charaktere sind auf angenehme Weise sehr detailliert ausgearbeitet und dem jeweiligen Schauspieler perfekt auf den Leib geschrieben. Folgerichtig erhielt Jennifer Jason Leigh eine Nominierung als beste Nebendarstellerin bei den diesjährigen Academy Awards. Zu Recht, ist doch ihr Charakter besonders in dem Film gefordert. Ebenfalls sehr angesprochen hat mich die Musik von Ennio Morricone, die sich oftmals sehr subtil in den Film einwebt, bei Bedarf aber auch kräftig herausscheint.

Unterm Strich ist „The Hateful Eight“ ein wirklich toller Film geworden. Geschichte, Stil, Handwerk, Musik.. die einzelnen Elemente ergeben einen waschechten Tarantino. Wenn überhaupt lässt sich dem Film ein vielleicht zu gemächlicher Einstieg vorwerfen. Und vielleicht ist der ein oder andere enttäuscht, der sich einen größeren, narrativen Film gewünscht hätte. Mir persönlich gefiel die Rückkehr zu den Wurzeln aber sehr gut. Ein angenehm reduzierter Tarantino, der trotzdem, oder wahrscheinlich gerade deswegen, äußerst gut funktioniert.

Das Fazit (für Lesefaule):

Zurück zu den Anfängen, könnte Tarantinos Grundidee für „The Hateful Eight“ gewesen sein. Tatsächlich erinnert der Film eher an sein Frühwerk „Reservoir Dogs“ und reiht sich weniger in die zuletzt recht konventionell verfilmten Projekte, mit großen Kulissen und zahlreichen räumlichen Sprüngen. Dass Tarantino nun also auf ein eher  Kammerspiel mit viel Dialog setzt, mag den einen oder anderen vielleicht enttäuschen. Mir hingegen machte der Film große Freude und bescherte mir ein fast heimeliges Gefühl. Der Plot ist von der ersten Minute an stimmig, die Charaktere perfekt geschrieben, der Cast hat sichtlich Spaß an seiner Arbeit und die musikalische Untermalung kommt in guter alter Western-Manier daher. Möchte man das Haar in der Suppe suchen, könnte man die etwas übertriebene Länge im Film kritisieren und den damit etwas zu langgestreckten Spannungsbogen. Doch unterm Strich ist „The Hateful Eight“ das was es sein möchte – ein waschechter Tarantino.

Wertung:

9-0

Trailer:

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert