Serienkritik: Lost (Staffel 1-6)

Jahr: 2004-2010
Anzahl ausgestrahlte Episoden: 121 (à ~42 Minuten)
Anzahl ausgestrahlte Staffeln: 6
Status: beendet
Produzent: J. J. Abrams
Heimsender: ABC

Der Inhalt kurz und knapp:

Flugzeuge gelten allgemein als äußerst zuverlässiges Transportmittel, doch immer wieder kommt es zu tragischen Unglücken. So ergeht es auch einer Gruppe scheinbar zufällig zusammengewürfelter Passagiere auf einem Flug von Sydney nach Los Angeles. Ihr Flugzeug bricht mitten in der Luft auseinander, dennoch überlebt eine größere Gruppe und findet sich auf einer tropischen Insel wieder. Dies ist an und für sich schon reichlich verblüffend, doch schon zeitig nach dem Absturz stellen die Überlebenden fest, dass auch die Insel zahlreiche, seltsame Überraschungen parat hält. Freilaufende Eisbären, unsichtbare Monster und gespenstige Funknachrichten. Darüber hinaus stellen die Überlebenden schnell fest, dass die Insel nicht so unbewohnt ist, wie sie zunächst scheint. So kommt es zu einem Überlebenskampf und nach und nach immer weiteren Rätseln und Fragen, was eigentlich mit dieser Insel los ist.

Die Meinung:

 spoilerWas? „Lost“? Das doch schon alt! – Ja, das ist richtig. Doch tatsächlich reifte bei mir bis vor kurzem die Entscheidung „Lost“ noch ein zweites Mal in Gänze anzuschauen. Warum? Nun, wenn man mich nach meiner Lieblingsserie fragt, kommt bei mir stets „Lost“ in den Sinn. Vor allem, weil dies mein nachhaltigstes Serienerlebnis war. Zu keiner anderen Serie habe ich mehr News, Forendiskussionen, Blogartikel oder Videos aufgesogen, um noch jedes kleinste Detail mitzubekommen. Dennoch würde ich „Lost“ nie als Lieblingsserie bezeichnen. Denn trotz dieser Eigenschaften, hatte die Serie nach meiner Erstsichtung ein ganz fades Gefühl hinterlassen. Zu schlecht war das Ende, zu unbefriedigend die Auflösung. Die Serie hatte es bei mir schlicht verkackt.

Nun aber war die Zeit gekommen, dass ich meine damalige Meinung überprüfen wollte. Dazu war der Abstand von nahezu 4 Jahren perfekt. Die feinen Details der Geschichte hatte ich fast alle vergessen, ebenso war meine große Enttäuschung verflogen. Endlich also Gelegenheit möglichst unvoreingenommen an die Sache heranzugehen und „Lost“ ein gerechtes (oder so etwas ähnlichem) Urteil zuteilwerden zu lassen. Nun, was fällt auf an „Lost“ im Jahre 2014?

Im Gegensatz zur ersten Sichtung von „Lost“, bei der ich vor allem die Geschichte als besonders interessant wahrnahm, fiel mir beim zweiten Mal vor allem die Charakterarbeit auf. Vorneweg ist an „Lost“ besonders der enorme Cast auffallend. Zu Beginn der Serie besteht alleine die Hauptbesetzung aus sage und schreibe 14 Charakteren. Dazu kommen in den folgenden Staffeln noch weitere hinzu, wenngleich auch immer wieder Abgänge zu verzeichnen sind. Dabei sind die Charaktere jedoch nicht nur zahlreich, sondern auch durch die Bank absolut spannend skizziert. Wie ist ihr Leben vor der Insel verlaufen? Warum saßen Sie in dem Flugzeug? Wie sind die Beziehungen untereinander? Das alles wird für jeden Charakter sehr individuell und keineswegs klischeehaft in Rückblenden erklärt, die den jeweiligen Charakter trefflich beschreiben und sein Handeln erläutern. Das macht die Charakterarbeit die „Lost“ wirklich stark.

Dazu kam ein interessantes Phänomen. Obwohl ich zwar inhaltlich nicht mehr ganz auf der Höhe war, hatte ich die grobe Handlung noch gut parat und konnte mich an die Ereignisse der jeweiligen Staffel erinnern. Dennoch packte mich die Story wie beim ersten Mal und ich war wieder gespannt wie es denn nun noch einmal genau weiter geht. Dabei fielen mir in der Handlung dann auch viele Details auf, die ich prompt im Internet nachschlagen musste, wie denn da nun eigentlich die Zusammenhänge sind. Wahnsinn. Da war es wieder. Genau dieselbe Wirkung, die ich schon bei der Erstsichtung entfaltet hatte. So spulte ich dann die Serie auch deutlich schneller herunter, als ich dies eigentlich gewollt hatte.

Doch auch während der aktuellen Sichtung, machte sich der zunehmende qualitative Verfall bemerkbar. Im Gegensatz zu meiner Erinnerung (dort war es Ende der 3. Staffel), ist jedoch der genau Zeitpunkt an dem die Serie kippt gar nicht so einfach zu bestimmen. Grob einordnen würde ich ihn nun eher nach der vierten Staffel. Ab diesem Zeitpunkt beginnt die Handlung immer absurder zu werden, was schließlich in der finalen Staffel endet. Hier versuchen die Autoren einen ganzen Schwung an Mysterien aufzulösen, die während der vorherigen Staffeln so angefallen sind. Diese sind dann auch oft in einem einzigen Satz oder in einer kurzen Sequenz aufgelöst, ergeben meist wenig Sinn und zerstören so die mystische Grundstimmung der Insel. Doch auch die Auflösung der Rahmenhandlung ist alles andere als befriedigend. Vor allem die eingeführten „Flash-Sideways“ der sechsten Staffel wirken rückblickend bizarr.

Das Ganze wäre eigentlich nicht besonders ärgerlich, wenn man nicht wüsste, dass es hätte besser gehen können. Denn die Autoren hatten eine äußerst angenehme Ausgangssituation. Nach der dritten Staffel war klar, dass man noch genau 48 Folgen produzieren würde. Im Gegensatz zu anderen Serien, die nur von Staffel zu Staffel planen können (bestenfalls), war dies eine sehr komfortable Situation. Doch anstatt sich ein schlüssiges Konzept für diesen Zeitrahmen aufzustellen, wurde innerhalb der verbliebenden 3 Staffeln viel Zeit für Unsinniges verblasen.

Am Ende ist „Lost“ aber wahrscheinlich an seinem eigenen Konzept gescheitert, eine Geschichte offen und dynamisch zu gestalten, ohne so genau selber zu wissen, wie diese ausgehen soll. Dabei haben sich die Autoren inhaltliche Fallstricke geknüpft, die sich am Ende nicht mehr auflösen ließen. Somit war vielleicht ein unbefriedigendes Ende nicht vermeidbar und ein zwangsweiser Teil des Serienkonzeptes. Dennoch bin ich der Meinung, dass man zum Ende mehr aus der Geschichte hätte machen sollen, als einen wilden Mix aus spirituellem Gefasel von Tod, Nicht-Tod und irgendwas dazwischen.

Dennoch ist „Lost“ sicherlich ein Meilenstein in der Serienlandschaft. Viele Elemente und Bausteine der Serie wurden in Folgeprojekten aufgenommen und gelten heute als Serien-Standard. Insofern muss ich „Lost“ bis heute Respekt zollen und erinnere mich gerne an das damalige Erlebnis zurück. Mit der zweiten Sichtung haben sich manche Aspekte, die mich damals geärgert haben, etwas relativiert, womit ich meinen Frieden mit der Serie machen konnte. Wem es ähnlich geht, dem kann ich zweite Sichtung der Serie nur an Herz legen. Im Nachhinein dürften sich vielleicht doch viele Aspekte anders darstellen!

Das Fazit (für Lesefaule):

Ach „Lost“… Eine die Serien die einen nicht loslässt, obwohl sie alles andere als perfekt ist. Doch vielleicht macht dies eben den Charme für mich aus. Ankreiden könnte man der Serie jedenfalls viel. Eine ganze Fülle an unlogischen Handlungssträngen, Mysterien ohne genaue Erklärung und ein Ende, das sich bestenfalls als unwürdig bezeichnen lässt. Dennoch hat „Lost“ die Serienlandschaft verändert, besonders was den finanziellen Aufwand betrifft, eine kontinuierliche Erzählweise, wildes Springen innerhalb der Erzählzeit und vieles Mehr. Insofern muss ich der Serie absolut meinen Respekt zollen und war nach der zweiten Sichtung froh dies noch einmal getan zu haben.

Wertung:

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Trailer:

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