Elysium (Oder: Dies hätte Ihr Halo-Film sein können)

Jahr: 2013
Regie: Neill Blomkamp
Laufzeit: 109 Minuten
Budget: 115 Mio. $

Der Inhalt kurz und knapp:

Das Boot ist voll – eine selten dämliche politische Aussage, die allerdings auf gänzlich andere Weise im Jahre 2154 zutrifft. Die Erde ist hoffnungslos überbevölkert, ausgebeutet, verschmutzt und besitzt den Charme eines riesigen Flüchtlingslagers. Doch hat sich eine universelle Regel der Menschheitsgeschichte gehalten, denn mit ausreichend Geld kann sich der geneigte Milliardär immer noch absetzen. Im Orbit um die Erde dreht Elysium seine Bahnen, eine enorme Raumstation mit sämtlichen Komfort, den man zum Leben so braucht. Frische Luft, sattes Grün, dicke Villen und vor allem die Wegrationalisierung von Krankheiten und Tod. Hui, denkt sich hier nicht nur der Zuschauer, sondern auch der profane Erdenbewohner, der im Elend auf dem Planeten vor sich hin vegetiert. Doch letztlich möchte der elitäre Country Club im All unter sich bleiben und schießt im Notfall herannahende Flüchtlinge einfach ab. Der in den Resten von L.A. lebende Max DeCosta (Matt Damon) sieht diesem Zustand eher teilnahmslos zu bis, ja bis er plötzlich einen zeitnahen Termin auf Elysium dringend benötigt und unbedingt ein Ticket lösen muss – doch hier geht die Geschichte erst los.

Die Meinung:

Ist Neill Blomkamp nun also doch noch zu seinem Halo-Film gekommen. Wir erinnern uns zurück: 2009 platzte endgültig der Versuch eine Verfilmung der Microsoft-Cashcow „Halo“ auf die Beine zu stellen. Woran letztlich das Projekt scheiterte, ist angesichts der leicht dubiosen Faktenlage nicht mehr auszumachen. Doch wie dem auch sei, hatte das Projekt auch etwas Gutes. Denn anstelle eines „Halo“-Films, präsentierte uns Neill Blomkamp, mit der tatkräftigen Unterstützung von Peter Jackson „District 9“. Für mich ein toller Film, der das Genre SciFi mit sozialkritischen Tönen der heutigen Zeit aufwertete und einen überaus runden Einstieg für den Südafrikaner Blomkamp schuf.

Doch irgendwie scheint bei Blomkamp der Drang nach größerem Science-Ficition-Kino nicht abgeebbt, weswegen ihm die 115 Millionen Dollar für sein erst zweites Werk sicherlich sehr entgegenkommen sein dürften. Ein großer Vertrauensbeweis, aber auch eine große Verantwortung eine solche Summe als mehr oder minder Newcomer investieren zu können. Wie schaut sich also „Elysium“?

Hier muss ich ein wenig differenzieren. Schaut man „Elysium“ als Action-SciFi, bekommt man für seine 109 Minuten Lebenszeit wirklich tolle Bilder und Einstellungen zu sehen. Wer „District 9“ oder andere, kleinere Arbeiten von Blomkamp kennt, wird sich bei den visuellen Effektelementen und den Kampf-Choreographien schnell zu Hause fühlen. Hierbei pflegt der Film, wie sein geistiger Vorgänger, einen angenehm frischen optischen Eindruck. So wirken mechanische Gerätschaften, wie Roboter oder Raumfähren angenehm flüssig in ihren Bewegungen, aber auch Waffenfeuer besitzt in Kombination mit Zeitlupeneffekten eine sehr plastische Wirkung. Das Ganze wird zudem nicht als Dauerfeuer auf den Zuschauer abgegeben, sondern in wohldosierten Schüben mit regelmäßigen Pausen zum Durchatmen. Hier macht Blomkamp alles richtig und baut obendrein kleine „Halo“-Fragmente ein, die sicherlich in Richtung Redmond winken sollen.

Auf der anderen Seite steht die inhaltliche Dimension des Films. Die wartet zu Beginn mit dem Grundrezept aus „District 9“ auf – soziale und politische Ausgrenzung. Hierzu gesellt sich die wirtschaftliche Abgrenzung selbsternannter Eliten, wobei sich mit der Raumstation Elysium ein schon optisch fühlbares Moment ergibt. Hier ist die Trennung zwischen Arm und Reich bereits so groß geworden, dass allenfalls ein Raumflug nötig ist um diese zu überwinden. Insofern tischt „Elysium“ im ersten Drittel eine gehörige Portion sozialpolitischer Fragestellungen auf, die gerade im Hinblick um aktuelle Diskussionen rund um die Flüchtlingssituation an den Grenzen der Europäischen Union ihre Wirkung nicht verfehlt.

Doch wo der Film hier zunächst mit einem dicken Brett ins Rennen geht, wird dieses nach einem Drittel Laufzeit auch ganz schnell wieder im Keller versteckt. Nach und nach entwickelt sich „Elysium“ zu einem durch und durch konventionellen Action-Film, indem es Blomkamp dann doch mehr darauf ankommt dem Mainstream zu folgen, als irgendwelche komplexen Fragen der Ethik zur Debatte zu stellen. Her macht es mich dann auch ärgerlich, dass in den üblichen Interviews vor Filmveröffentlichung Hauptdarsteller Matt Damon von der inhaltlichen Brisanz seines Film schwärmt, die dieser in Zusammenhang mit der momentanen Einwanderungspolitik der Industrienationen angeblich besitzt. Obendrein offenbart „Elysium“ dann auch die für das Actiongenre typischen Logiklöcher in einer zunehmend zerfasernden Geschichte. Alleine die Wahl des McGuffin wirkt eher wirr und unausgegoren, was dann ebenfalls in einem nichts klärenden Ende mündet.

Schlussendlich bietet „Elysium“ einen durchaus sehbaren Action-Film, der mich seine Laufzeit über unterhalten konnte. Matt Damon spielt die ihm zugedachte Rolle souverän herunter, die optischen aufwändigen Kampfsequenzen unterhalten und der Bösewicht (Sharlto Copley, bereits aus „District 9“ bekannt) bösewichtet solide auf der Mattscheibe. Doch darüber hinaus bietet der Film wenig mehr. Das wäre wahrscheinlich auch gar nicht so relevant, würde „Elysium“ nicht selber das mit Inhalt gefüllte Fass aufmachen und dem Zuschauer zu Beginn suggerieren, dass es doch um mehr geht, als um ein spannungsvolles SciFi-Spektakel. Doch wenn es dieses Fass aufmacht, dann sollte es sich hieraus auch bedienen und nicht nach einer halben Stunde den Deckel mucksmäuschenstill wieder zumachen. Hier das nächste Mal einfach ein wenig mehr Stringenz und aus einem guten Action-Blockbuster, würde ganz großes Kino werden.

Das Fazit (für Lesefaule):

Eine Ringwelt im All? Das kommt mir doch bekannt vor, dürfte der ein oder andere Gamer denken. Tatsächlich besitzt „Elysium“ einige Hinweise auf Regisseur Blomkamps Vergangenheit. Vor allem die Actionanteile des Films wirken geschickt choreographiert und hätten auch so in einer möglichen „Halo“-Verfilmung auftauchen können. Dies ist gleichzeitig die große Stärke von „Elysium“, wobei sich der Film sehr flüssig anschauen lässt und Langeweile keine Chance gibt. Problematisch ist jedoch, dass Blomkamp, wie in „District 9“, die sozialethische Inhaltsspritze herausholt und damit versucht den Plot aufzuwerten. Doch irgendwie will dies nicht so recht gelingen, wobei der Film nach einem Drittel diesen Ansatz über Bord wirft und konventionelles Action-Kino produziert. Das macht es zwar gut, aber inhaltlich macht der Film nach dem guten Absprung eine glatte Bauchlandung, wobei die Handlung auch handwerkliche Drehbuchschnitzer enthält. Insgesamt also das Prädikat: „Gute Idee gehabt, aber dann leider nichts draus gemacht.“

Wertung:

Der Master Chief vergibt  6,5 Punkte!

6-5
Trailer:

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